Oberverwaltungsgericht Berlin
Urteil vom 25.4.1975
- OVG II B 86/74
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 (weitere Fundstellen: NJW 1975, 1938 ff.)

 

 

Leitsätze

a)

Unmittelbare Subventionen an Presseunternehmen dürfen, sofern sie im Hinblick auf die grundgesetzliche Garantie einer freien Presse verfassungsrechtlich überhaupt zulässig sind, nur auf der Grundlage eines Gesetzes vergeben werden, welches durch präzise Tatbestände die Voraussetzungen und Bedingungen der Hilfsmaßnahmen so eindeutig festlegt, daß für ein Ermessen der Exekutive bei Durchführung der Förderung kein Raum bleibt.

b)

Unmittelbare Subventionen, die ohne Einhaltung dieser zum Schutz der Pressefreiheit unerläßlichen Voraussetzungen vergeben werden, stellen einen rechtswidrigen Eingriff in den publizistischen Wettbewerb dar, gegen den ein an diesem Wettbewerb teilnehmendes Presseunternehmen Anfechtungsklage erheben kann, auch wenn es ebenfalls eine Subvention erhalten könnte.

 

Sachverhalt

1.

Die Klägerin ist Herausgeberin der Berliner Morgenzeitung „T.”. Ihre Klage richtet sich gegen die vom Beklagten für das Jahr 1973 beabsichtigte Fortsetzung einer finanziellen Unterstützung der beiden Beigeladenen, welche die Berliner Zeitungen „A.” und „S.” herausgeben. Mit den hier angefochtenen Bescheiden hat der Beklagte den Beigeladenen im Rahmen der „Kreditaktion zugunsten mittlerer Berliner Zeitungsverlage” Mittel in Höhe von 1,5 Millionen DM bzw. 0,5 Millionen DM zugesagt. Die vom Beklagten angeordnete sofortige Auszahlung der Gelder an die Beigeladenen ist im vorläufigen Rechtschutzverfahren bisher unterblieben. Das VG Berlin hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg.

 

Aus den Gründen:

2.

Die Klage ist zulässig. Ihr liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art zugrunde (§ 40 I VwGO). Durch die Gewährung von Geldzuwendungen an Presseunternehmen aus Mitteln des Staatshaushalts mit dem Ziel der Erhaltung einer gewissen Presse- und Meinungsvielfalt in Berlin will der Beklagte eine öffentliche Aufgabe erfüllen, vor die er sich in seiner Eigenschaft als Hoheitsträger gestellt sieht. Die Auszahlung der Mittel soll auf Grund der angefochtenen Bewilligungsbescheide unmittelbar von Berlin an die Beigeladenen ohne Einschaltung eines privaten Bankinstituts und Abschluß eines privatrechtlichen Darlehensvertrages erfolgen. Die Klägerin stützt ihre Klage darauf, daß diese Förderung generell mit Art. 5 GG unvereinbar sei.

3.

 Die Klägerin ist klagebefugt. Sie macht geltend, durch die zugunsten der Beigeladenen ergangenen Verwaltungsakte v. 4. 9. und 12. und 13. 12. 1973 in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 42 II VwGO). Klägerin und Beigeladene geben Tageszeitungen heraus, deren Verbreitungsgebiet sich im wesentlichen auf Berlin (West) beschränkt. Mit den Beigeladenen steht die Klägerin auf dem Berliner Zeitungsmarkt im Wettbewerb um einen Leser- und Anzeigenkundenkreis, der nicht beliebig vermehrbar und ausdehnungsfähig ist. Werden die Beigeladenen durch Geldzuwendungen des Landes Berlin unterstützt, so wird deren Stellung in diesem Wettbewerb verbessert. Im gleichen Maße wird die Wettbewerbsstellung der Klägerin beeinträchtigt. Hieraus ist ersichtlich, daß die Klägerin nicht als „quivis ex populo” die zugunsten der Beigeladenen ergangenen Bescheide angreift. Vielmehr wird sie durch diese Bescheide tatsächlich beschwert (vgl. hierzu Scholz, Wirtschaftsrecht 1972, 35, 49 f., 53 und DÖV 1975, 136). Ob das allein schon ausreicht, um die sogenannte negative Konkurrentenklage mit dem Ziel erheben zu können, daß die Förderung von Konkurrenten unterbleibt, kann offenbleiben. Eine willkürliche Vernachlässigung seiner schützwürdigen Interessen braucht der nicht subventionierte Dritte jedenfalls nicht hinzunehmen. Die zumindest durch Art. 2 I GG geschützte Wettbewerbsfreiheit umfaßt den Anspruch des Dritten, durch die Staatsgewalt nicht mit Nachteilen belastet zu werden, die in der verfassungsmäßigen Ordnung keine Grundlage finden (vgl. BVerwGE 30, 191 = NJW 1969, 522 = DVBl 1969, 366 f.; a.A. früher Schlichter, DVBl 1966, 738, 741 f.).

4.

Die Klage ist auch begründet. Durch die angefochtenen Bescheide wird den Beigeladenen eine Subvention gewährt. Die bewilligten „Darlehen” sind vermögenswerte Zuwendungen, die Berlin als Träger öffentlicher Verwaltung privaten Unternehmen unmittelbar zukommen läßt, um sie durch Stärkung ihrer Leistungsfähigkeit instand zu setzen, einem öffentlichen Bedürfnis an der Erhaltung einer gewissen publizistischen Meinungsvielfalt in Berlin nachhaltig zu entsprechen (vgl. Wolff, Verwaltungsrecht III, 3. Aufl., § 154 I). Der gewährte Vorteil besteht in der vollen Subventionierung des sonst für Kredite üblichen Zinses und dem gegenüber privaten Darlehen ungleich günstigeren Rückzahlungsmodus; daneben in dem Verzicht auf jegliche Sicherheiten. Bei Berücksichtigung einer fortschreitenden Geldentwertung ist angesichts der langen Laufzeit des „Darlehens” bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ferner ein Teil des Kapitals als verlorener Zuschuß zu bewerten.

5.

Der Senat hat erhebliche Bedenken, ob direkte und gezielte Subventionen an Presseunternehmen generell mit der in Art. 5 I 2 GG garantierten Pressefreiheit zu vereinbaren sind. Pressefreiheit ist mehr als ein Unterfall der Meinungsfreiheit. Ihre grundgesetzliche Garantie erschöpft sich nicht in der Gewährleistung eines staatsgerichteten Abwehrrechts der in der Presse tätigen Personen (so aber offenbar Forsthoff, Der Verfassungsschutz der Zeitungspresse, S. 34). Vielmehr wird - als objektivrechtliche Seite des Grundrechts - auch die institutionelle Eigenständigkeit der Presse, das Institut „Freie Presse”, von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht geschützt (BVerfGE 10, 118, 121 = NJW 1960, 29; BVerfGE 20, 162, 175 f. = NJW 1966, 1603). Neben das subjektive Abwehrrecht tritt ein objektives Ordnungsprinzip (vgl. Hamann-Lenz, Grundgesetz, 3. Aufl. 1970, Art. 5 Anm. 6; Löffler, Presserecht I, 2. Aufl. 1969, 1. Kapitel, Rdnr. 38, 56 und 5. Kapitel, Rdnr. 79 ff.). Diese Gewährleistung eines objektiven Gehalts der Pressefreiheit ist indessen nicht im Sinne einer Umformung des Grundrechts zu einer „institutionellen Garantie” zu verstehen (vgl. aber Ridder, Die Grundrechte II, 1954, S. 243, 255 ff.); dies schon deshalb nicht, weil die Presse um ihrer Freiheit willen im Vorfeld des Staatlich-Institutionellen verbleiben muß (vgl. Scheuner, VVDStRL 22, 1, 31 f., 74). Vielmehr handelt es sich um die verfassungsrechtliche Absicherung eines grundlegenden Elements der freiheitlichdemokratischen Rechtsordnung, die im Interesse der Unabhängigkeit der Presse von staatlicher Herrschaft und Einflußnahme das subjektive Grundrecht mit zusätzlichen Sicherheiten und Garantien umgibt (vgl. Weber, Innere Pressefreiheit als Verfassungsproblem, S. 53; Schneider, Verfassungsrechtliche Grenzen einer gesetzlichen Regelung des Pressewesens, S. 54; Lerche, Verfassungsrechtliche Fragen zur Pressekonzentration, S. 21 ff.). Die Gewährleistung einer freien Presse ist unabdingbare Voraussetzung für die Verwirklichung des in Art. 20 I und II GG niedergelegten Demokratieprinzips und Wesenselement eines freiheitlich-demokratischen Staates (vgl. Maunz-Dürig-Herzog, Grundgesetz, Art. 5 Rdnr. 119 ff.; Dittrich, Pressekonzentration und Grundgesetz, S. 35 ff.; BVerfGE 10, 118, 121 = NJW 1960, 29).

6.

Dieser Verfassungsgarantie des Art. 5 I 2 GG würde es widersprechen, die Presse ganz oder auch nur teilweise von Staats wegen zu reglementieren oder zu steuern und so das Bild einer freien Presse substantiell zu ändern (vgl. BVerfGE 12, 205, 260 = NJW 1961, 547). Dem Staat ist es grundsätzlich verwehrt, in die geistige und wirtschaftliche Konkurrenz der sich im gesellschaftlichen Raum frei bildenden Presseunternehmen einzugreifen (BVerfGE 20, 162, 174 f. = NJW 1966, 1603; BVerfGE 36, 321, 340 = NJW 1974, 689). Die Presse kann ihre öffentliche Aufgabe (§ 3 I Berliner Pressegesetz) als wichtigstes Kontrollorgan, als Medium und Faktor der öffentlichen Meinung in einer freiheitlichen Demokratie sachgemäß nur in völliger Unabhängigkeit von jedem staatlichen Einfluß erfüllen (vgl. Löffler, Presserecht I, 1. Kapitel, Rdnr. 24, 54; Scheuner, VVDStRL 22, 30, 76). Der Prozeß der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung, an dem die Presse einen entscheidenden Anteil hat, muß sich frei, offen und unreglementiert - „staatsfrei” - vom Volk her zu den Staatsorganen vollziehen können (BVerfGE 20, 56, 98 f. = NJW 1966, 1499).

7.

Eine andere Frage ist, ob, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Mitteln der Staat zur Erhaltung und Sicherung der objektiven Garantie der Pressefreiheit schützend und gestaltend eingreifen darf und ob er hierzu unter Umständen sogar verpflichtet ist (vgl. hierzu BVerfGE 20, 162, 176 = NJW 1966, 1603; BVerfGE 36, 321, 340 = NJW 1974, 689; Maunz-Dürig-Herzog, Art. 5 Rdnr. 178 ff.; Löffler, aaO, 1. Kapitel, Rdnr. 38, 5. Kapitel, Rdnr. 84; Dittrich, Pressekonzentration und Grundgesetz, S. 42 ff., 51; Ehmke, Festschrift für Adolf Arndt, S. 77, 84). Sie bedarf hier keiner grundsätzlichen Entscheidung. Unerörtert bleiben kann ferner, ob in Berlin die tatsächlichen Voraussetzungen für eine etwaige Pflicht des Staates zu schützendem Eingreifen schon erfüllt sind. Die vom Beklagten hier zur Abwehr einer fortschreitenden Pressekonzentration und zur Erhaltung einer gewissen Meinungsvielfalt gewährten unmittelbaren Subventionen können keinen rechtlichen Bestand haben. Sie schließen konkrete Gefahren für die durch Art. 5 I 2 GG garantierte Unabhängigkeit der Presse nicht aus (vgl. hierzu insbesondere Löffler, aaO, 1. Kapitel, Rdnr. 64, 69, 5. Kapitel, Rdnr. 64, 83, 16. Kapitel, Rdnr. 98 a).

8.

Ohne das uneingeschränkte Vertrauen der Bürger in die finanzielle und publizistische Unabhängigkeit der Presse kann diese ihre öffentliche Aufgabe nicht wirksam erfüllen. Presseunternehmen, die ohne staatliche Unterstützung nicht mehr lebensfähig wären, geraten in den Augen der Bevölkerung zwangsläufig in den Verdacht, vom Staat „ausgehalten” und - zumindest langfristig und indirekt - auch inhaltlich gesteuert zu werden. Schon ein Verdacht dieser Art, dem es an tatsächlichen Anhaltspunkten nicht fehlen wird, ist geeignet, das für eine freiheitliche Demokratie konstituierende Institut einer freien Presse zu erschüttern und schleichend zu zerstören. Darüber hinaus beschwören solche Hilfsmaßnahmen der öffentlichen Hand, sofern sie - wie hier - langfristige Verbindlichkeiten begründen, aber auch konkrete Möglichkeiten und Gefahren staatlicher Einflußnahmen herauf, die mit dem vom Grundgesetz vorgezeichneten Bild einer freien unabhängigen Presse nicht in Einklang gebracht werden können. Denn die mit der Finanzierung von Zeitungen aus öffentlichen Mitteln verbundene wirtschaftliche Abhängigkeit der Presse vom Staat kann auf die Dauer kaum ohne Auswirkung auf die gebotene publizistische Unabhängigkeit bleiben (vgl. Dittrich, aaO, S. 77 f., 81). In seiner abweichenden Stellungnahme zum Schlußbericht der von der Bundesregierung eingesetzten Pressekommission hat das Kommissionsmitglied Dr. B. die von der Mehrheit der Kommission vorgeschlagene Förderung des Wachstums einzelner Verlagsunternehmen durch gezielte Kredite zum Aufbau leistungsfähiger Betriebe sowie die Gewährung verlorener Zuschüsse für Neugründungen als „legalisierten Reptilienfonds” (zum geschichtlichen Hintergrund dieser Bezeichnung vgl. Löffler, aaO, 3. Kapitel, Rdnr. 59, 5. Kapitel, Rdnr. 64) bezeichnet, dessen politische und publizistische Folgen für eine freie Presse selbst durch die Mitwirkung eines unabhängigen Gremiunis nicht erträglicher würden (vgl. BT-Drucks V/3122, 48, 50 f.). Lerche (Verfassungsrechtliche Fragen zur Pressekonzentration, S. 104) hat in bezug auf staatliche Hilfen für die Presse von einer „Gratwanderung” zwischen intensiver, an rein formale Verteilungsmaßstäbe anknüpfender Förderung (mit den Gefahren des Verlustes an Anstrengungswillen und Unabhängigkeit der Empfänger) und punktueller Einzelhilfe (mit den Gefahren des Leerlaufes einerseits, inhaltlich gezielten Einwirkens andererseits) und im gleichen Zusammenhang von einem „Spaziergang zwischen Abgründen auf Kosten des Steuerbürgers” gesprochen, der eine Fülle von „politischen und juristischen Querelen” auslösen müsse.

9.

Der Senat läßt offen, ob die von unmittelbaren staatlichen Hilfsmaßnahmen zu befürchtenden Einbrüche in die Verfassungsgarantie der freien unabhängigen Presse sich dadurch wirksam abwehren lassen, daß die Förderung auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird (vgl. hierzu Ehmke, Festschrift für Adolf Arndt, S. 97; Heck, Archiv für Presserecht 1968, 701, 706; Dittrich, Pressekonzentration und Grundgesetz, S. 80 ff.; zweifelnd Lerche, Archiv für Presserecht 1974, 593, 596). Er will jedenfalls nicht generell ausschließen, daß Gestaltungsformen für die finanzielle Unterstützung von Presseunternehmen aus öffentlichen Mitteln gefunden werden können, die das Schutzgut des Art. 5 I 2 GG nicht beeinträchtigen. In jedem Falle müssen aber an unmittelbare Förderungsmaßnahmen des Staates zugunsten von Presseunternehmen wegen der überragenden Bedeutung einer unabhängigen Presse für die Entfaltung der freiheitlichen Demokratie nach Form und Inhalt Anforderungen gestellt, werden, die sichere Gewähr dafür bieten, daß jede Art von Einflußnahme auf den Prozeß der öffentlichen Meinungsbildung unmöglich ist. Hierzu gehört die Bindung der Subventionsverwaltung an ein Gesetz, welches durch präzise Tatbestände die Voraussetzungen und Bedingungen der staatlichen Hilfsmaßnahmen so konkret wie möglich umschreibt, so daß für ein Ermessen der Exekutive bei Bewilligung, Durchführung und Beendigung der Förderung kein Raum bleibt. Die notwendigen gesetzlichen Normen sind inhaltlich so auszugestalten, daß Freiheit und Unabhängigkeit der Presse keinerlei Beeinträchtigung erfahren können.

10.

Diesen Erfordernissen wird die „Kreditaktion” des Beklagten nicht gerecht. Eine materiell-gesetzliche Grundlage für die angefochtenen Bescheide besteht nicht. Der Gesetzesvorbehalt für Subventionen an Presseunternehmen folgt nach Auffassung des Senats allerdings nicht aus Art. 5 II GG, wonach das Grundrecht der Pressefreiheit seine Schranken unter anderem in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze findet. Dies aus zwei Gründen: Einerseits muß die Gewährung von finanziellen Hilfen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit von Presseunternehmen keineswegs notwendigerweise und in jedem Falle in das subjektive Grundrecht der Pressefreiheit derjenigen Verleger eingreifen, für die eine Subvention nicht vorgesehen ist. Eine bloß mittelbare, faktische Ungleichbehandlung stellt - für sich gesehen - noch keinen Eingriff in die Pressefreiheit dar, der den abstrakten Schrankenvorbehalt des Art. 5 II GG auslöst (vgl. Scholz, DÖV 1975, 137; Henke, DVBl 1975, 273; Dittrich, aaO, S. 56). Das schließt nicht aus, daß subventionierende Maßnahmen im Einzelfall mit der objektiven Garantie des Art. 5 I 2 GG unvereinbar sind und deshalb auch das subjektive Pressefreiheitsrecht einzelner verletzen, weil sie nach ihrer konkreten Ausgestaltung manipulativen Charakter aufweisen oder doch die nicht ganz fernliegende Gefahr einer staatlichen Einflußnahme und Steuerung mit sich bringen. Ist dies aber der Fall, so wird eine solche Förderung auch nicht dadurch verfassungskonform, daß sie in das Gewand eines „allgemeinen Gesetzes” gekleidet wird. - Soweit andererseits staatliche Maßnahmen, die nach ihrer erklärten Zielsetzung dem Schutz der objektiven Garantie der Pressefreiheit dienen sollen, das subjektive Grundrecht der Pressefreiheit einzelner unmittelbar rechtlich beschränken, sind sie als gegen die Pressefreiheit gezielte Sondereingriffe gemäß Art. 5 II GG ohnehin unzulässig. Denn der Vorbehalt des Art. 5 II GG erschöpft sich nach Auffassung des Senats nicht in einem Güterabwägungsgebot, sondern schließt - vor einer jeden Güterabwägung - Sondergesetze, die sich gerade gegen die Pressefreiheit richten, prinzipiell - mit Ausnahme der Gesetze zum Schütze der Jugend und des Rechts der persönlichen Ehre - aus (vgl. BVerfGE 7, 198, 209 f. = NJW 1958, 257; BVerfGE 21, 271, 280 = NJW 1967, 976; Lerche, Verfassungsrechtliche Fragen, S. 51 ff.; Weber, Innere Pressefreiheit als Verfassungsproblem, S. 47 ff.; Schneider, Verfassungsrechtliche Grenzen einer gesetzlichen Regelung des Pressewesens, S. 54 ff.; Liesegang, JuS 1975, 215, 216; Löffler, aaO, 5. Kapitel, Rdnr. 91 ff., 96; Hamann-Lenz, Grundgesetz, Art. 5 Anm. 9 f.; a.A. offenbar Maunz-Dürig-Herzog, Art. 5 Rdnr. 241 ff., insbes. 250 ff.). Ob gezielte Beschränkungen der subjektiven Pressefreiheit einzelner zum Schutz der objektiv-rechtlichen Seite des Art. 5 I 2 GG sich auf übergeordnete Verfassungsgrundsätze, etwa das Demokratieprinzip, stützen können, ist hier nicht zu entscheiden (vgl. hierzu Maunz-Dürig-Herzog, Art. 5 Rdnr. 184 ff.; Dittrich, aaO, S. 42 ff.; Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1532).

11.

Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage für Pressesubventionen folgt hingegen aus dem Grundsatz, daß nicht dem Ermessen der Exekutive überlassen bleiben darf, die Grenzen grundrechtlich geschützter Bereiche nach ihren Vorstellungen vom öffentlichen Wohl zu bestimmen. Vielmehr müssen, ausgehend von den Verfassungsprinzipien des Rechtsstaats und der Demokratie (Art. 20 GG), die Grenzen der Grundrechte in ihren wesentlichen Merkmalen vom Gesetzgeber gezogen werden. Nur so werden Machtmißbräuche verhütet, die Freiheit des einzelnen bewahrt und jeder Ordnung eines Lebensbereichs die demokratische Legitimation einer Willensentschließung der vom Volk bestellten Gesetzgebungsorgane gegeben (vgl. BVerfGE 8, 71, 76 = NJW 1958, 1388; BVerfGE 20, 150, 158 = NJW 1966, 1651; BVerfGE 33, 125, 158 = NJW 1972, 1504). Dies gilt auch für Maßnahmen im Bereich der objektiven Garantie der Pressefreiheit, zumal diese untrennbar mit dem subjektiven Grundrecht verbunden ist und dieses Recht zusätzlich sichern soll. Sowohl die fundamentale Bedeutung der Garantie der Pressefreiheit für den demokratischen Staat als auch die Gefahr, daß finanzielle Zuwendungen des Staates an Presseunternehmen zu Beeinträchtigungen des Grundrechts führen, gebieten es, daß sich der Gesetzgeber Regelungen in diesem besonders „grundrechtssensiblen” Bereich vorbehält und Maßnahmen auf diesem Gebiet nicht dem Ermessen der Verwaltung überläßt.

12.

Vom formellen Mangel des fehlenden Gesetzes abgesehen läßt die Abwicklung der „Kreditaktion zugunsten mittlerer Berliner Zeitungsverlage” diejenigen Vorkehrungen außer acht, deren Einhaltung bei direkten staatlichen Zuwendungen an Presseunternehmen zur Wahrung des Schutzgutes des Art. 5 I 2 GG unerläßlich ist. Die Berliner Aktion ist mit dem ERP-Kreditprogramm des Bundes für kleine und mittlere Presseunternehmen (vgl. hierzu im einzelnen BT-Drucks V/3856, 13 Nr. 30; BT-Drucks VI/692, 7 Nr. 16; BT-Drucks 7/2104, 39 f.) auf der Grundlage der jährlichen ERP-Wirtschaftsplangesetze (vgl. zuletzt Gesetz v. 1. 4. 1975, BGBl I, 781, Wirtschaftsplan Kapitel 1, Erläuterungen zu Titel 86201, Buchst. g) nicht zu vergleichen. Eine zusammenfassende Betrachtung aller Modalitäten der Berliner „Kreditaktion” ergibt, daß die Vergabekriterien nicht im mindesten im voraus klar und eindeutig festgelegt waren; sowohl der weite Ermessensspielraum bei der Bewilligung der „Kredite” als auch eine Reihe der Kreditbedingungen begründen konkrete Möglichkeiten staatlicher Manipulation und langfristiger Einflußnahme, die mit der Garantie einer freien, staatsunabhängigen Presse nicht in Einklang zu bringen sind. [...].