Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Urteil vom 30. November 1994
- 2 A 97/94 -

(weitere Fundstellen: KStZ 1996, 18 f.)

 

 

Tatbestand

1.

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Vergnügungssteuern für insgesamt acht von ihm im Innenstadtbereich der Stadt Frankfurt (Oder) aufgestellte sog. "Kinderreitautomaten".

2.

Mit drei getrennten Vergnügungssteuerbescheiden vom 24.1., 3.3. und 28.4.1994 zog der Beklagte den Kläger zu Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 720 DM (8 Geräte à 15 DM/Spielgerät x 6 Monate [Januar bis Juni 1994]) heran.

 

Gründe:

3.

Als Rechtsgrundlage der Heranziehung zur Vergnügungssteuer kommt hier allein das Vergnügungssteuergesetz für das Land Brandenburg (VergnügStG) vom 27. 7. 1991 (GVBl. S. 205), nicht aber auch die hierzu erlassene Vergnügungssteuersatzung der Stadt Frankfurt (Oder) vom 1. 1. 1991 (ABl. S. 151), geändert durch die erste Änderungssatzung vom 23. 9. 1993 (ABl. Nr. 9, S. 2), in Betracht, welche für den Steuertatbestand des § 2 Nr. 5 b VergnügStG keine besonderen Regelungen enthält.

4.

Nach § 2 Abs. 5 b VergnügStG unterfällt das Halten von Musik-, Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- und ähnlichen Apparaten an jedermann zugänglichen Orten der Vergnügungssteuer. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist die Regelung des § 2 VergnügStG nicht als eine generelle zur Besteuerung von "Vergnügungen" ermächtigende Generalklausel mit einem nicht als abschließend zu verstehenden Katalog von Beispielen aufzufassen. Aus der Formulierung "Der Besteuerung unterliegen die in der Gemeinde veranstalteten nachfolgenden Vergnügungen:" geht vielmehr deutlich hervor, daß es sich bei der "nachfolgenden" Aufzählung um eine enumerative und damit abschließende Bestimmung der vergnügungssteuerpflichtigen Tatbestände handelt. Davon ging auch der Gesetzgeber aus.(Vgl. die Begründung zu Art. 2, § 2 des Gesetzes vom 27. 6. 1991, in: Landtagsdrucksache 1235.)

5.

Um Spielapparate im Sinne der vorgenannten Regelung handelt es sich bei den "Kinderreitautomaten" nicht. Maßgeblich ist insoweit, daß die Kinder – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – auf den Reitgeräten keine dem Begriff des Spiels typischen Aktivitäten als "Spielende" entfalten, sondern lediglich passiv den vorprogrammierten Bewegungsablauf des Gerätes hinnehmen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gemäß § 130 b VwGO insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts.

6.

Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei den "Kinderreitgeräten" auch nicht um "ähnliche Apparate" im Sinne des § 2 Nr. 5 VergnügStG. Geht man davon aus, daß das Erfordernis der "Ähnlichkeit" sich nicht nur auf die in der Aufzählung zuletzt genannten Geschicklichkeitsapparate, sondern ebenso auf Musik-, Schau-, Scherz- und Spielapparate bezieht, so läßt sich ein Apparat der hier in Frage stehenden Art nicht als "ähnlicher Apparat" auffassen. Ähnlichkeit ist nach allgemeinem Sprachgebrauch gegeben, wenn das zu vergleichende Objekt mit dem Maßstabsobjekt Gemeinsamkeiten (von der Gleichartigkeit bis zur entfernten Ähnlichkeit) (Vgl. Brockhaus Enzyclopädie, 19. Aufl. 1986, 1. Band, S. 255) aufweist. Dies bedeutet, daß sich das jeweilige gruppenspezifische und gruppenabgrenzende Merkmal der enumerativ aufgezählten Apparategruppe im Kern, wenn auch abgeschwächt, in den "ähnlichen" Apparaten wiederfinden muß, da sonst die für Abgabentatbestände zu fordernde Bestimmtheit nicht mehr gewährleistet wäre.

7.

Daß "Kinderreitgeräte" keine ausreichenden Gemeinsamkeiten mit Geschicklichkeitsapparaten aufweisen, ergibt sich schon daraus, daß die Benutzung dieser Geräte keine Anforderungen an das (fein-)motorische Verhalten oder das Reaktionsvermögen der Kinder stellt. (Vgl. zum Begriff der Geschicklichkeit: Brockhaus Enzyclopädie, 19. Aufl. 1989, Band 6, S. 398.)

8.

Die "Kinderreitgeräte" weisen auch keine Gemeinsamkeiten mit Spielapparaten auf, da dem Begriff des Spielens, wie oben ausgeführt, die ausschließlich passive Hinnahme fremdbestimmter Bewegungsabläufe fremd ist.

9.

Den Scherzapparaten sind die "Kinderreitgeräte" nicht einmal entfernt ähnlich, weil ihre Funktion sich in der Durchführung bestimmter Bewegungsabläufe erschöpft, ohne daß damit eine darüberhinausgehende psychische Einwirkung auf den Benutzer verbunden wäre.

10.

Auch mit Schau- oder Musikapparaten, bei welchen die Erzeugung optischer bzw. akustischer Reize im Vordergrund steht, bestehen keine Ähnlichkeiten, da diese Reize bei den "Kinderreitgeräten" nur von untergeordneter Bedeutung sind. Die Argumentation des Beklagten, daß "Kinderreitgeräte" einem Musikapparat insofern ähnlich seien, als es wesentlicher Effekt beider Apparate sei, Schwingungen akustischer bzw. mechanischer Art hervorzurufen, die der Benutzer mit den Sinnesorganen, dem Gehör bzw. dem "Gleichgewichtssinn", zu seinem Vergnügen wahrnehme, weist auf eine nur sehr entfernte Vergleichbarkeit hin, welche den mit dem Begriff der "Ähnlichkeit" bezweckten Anforderungen nicht genügt.

11.

Im Ergebnis folgt der Senat damit aufgrund der gleichartigen Gesetzesstruktur für das brandenburgische Vergnügungssteuergesetz der vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen für das insoweit gleichlautende nordrhein-westfälische Vergnügungssteuergesetz vom 14.12.1965 entwickelten Rechtsprechung. (Vgl. KStZ 1974, 192 und KStZ 1975, 198)