Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen
Urteil vom 15. April 2014
- 1 A 104/12 -

(weitere Fundstellen: NVwZ-RR 2014,849 ff.)

 

 

Leitsätze

1.

Die Anordnung einer Abschleppmaßnahme durch die Ortspolizeibehörde kann auch dann auf einen so genannten Sofortvollzug nach § 11 Abs. 2 BremVwVG gestützt werden, wenn der Verkehrsverstoß in der Nichtbefolgung eines von der Straßenverkehrsbehörde aufgestellten Verkehrszeichens besteht.

2.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt im Hinblick auf die Anordnung von Abschleppmaßnahmen in der Regel eine Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalles. Diese Abwägung entfällt nicht deswegen, weil der Betroffene ein mit dem Zeichen 283 angeordnetes absolutes Halteverbot nicht befolgt.

 

Tatbestand

1.

Die Kl. wandte sich gegen ihre Heranziehung zu den Kosten einer Abschleppmaßnahme. Sie parkte ihr Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X. am 30.11.2005 mindestens in der Zeit von 9:59 Uhr bis 10:40 Uhr in der Straße F.-Feld im B.-St.-Viertel im absoluten Halteverbot; zudem teilweise aufgesetzt auf dem Gehweg. Die örtlichen Gegebenheiten zeichnen sich dadurch aus, dass es sich bei der Straße F.-Feld um eine Einbahnstraße handelt, an deren Ende, kurz bevor sie in die H.-Straße mündet, die Einfahrt aus Richtung H.-Straße zum Zwecke der Zufahrt in eine Tiefgarage erlaubt ist. Hierfür befindet sich aus Richtung H.-Straße ein Verbotsschild für Fahrzeuge aller Art (Zeichen 250), unter dem das Zusatzzeichen "Zufahrt zur Tiefgarage frei" angebracht wurde. Hierunter befindet sich ein absolutes Halteverbot (Zeichen 283). Die Kl. befuhr die Straße F.-Feld von der Straße Vor dem St.-Tor aus, in der sie damals wohnte. Noch vor dem Verbotsschild wendete sie ihren Wagen in einer Einfahrt und parkte ihren Wagen gegenüber der Hausnr. 29 an der – aus ihrer Sicht – rechten Fahrbahnseite und teilweise auf dem Gehweg. Ein Verkehrsüberwacher veranlasste das Abschleppen des Fahrzeugs mit dem Abschleppgrund "Parken im Halteverbot". Aus dem Einzelfallausdruck des Stadtamts B. ergibt sich als Tatvorwurf "Parken im Halteverbot 283", "Parken verbotswidrig auf der linken Fahrbahnseite" und "Parken verbotswidrig auf dem Gehweg". Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 24.1.2006 setzte das Stadtamt B. gegenüber der Kl. Kosten und Gebühren in Höhe von insgesamt 146,50 Euro fest (91,50 Euro Abschleppkosten und 55 Euro Verwaltungsgebühr). Ihr eingeleitetes Widerspruchsverfahren blieb erfolglos. Auf ihre daraufhin erhobene Klage hob das VG den Kostenfestsetzungsbescheid vom 24.1.2006 und den Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006 mit Urteil vom 15.11.2007 mit der Begründung auf (5 K 3296/06), der Bescheid leide an Ermessensfehlern. Das Urteil des VG wurde rechtskräftig. Die Bekl. erließ am 29.2.2008 einen neuen Kostenfestsetzungsbescheid, mit dem gegenüber der Kl. wiederum Kosten und Gebühren in Höhe von insgesamt 146,50 Euro festgesetzt wurden. Hiergegen legte die Kl. Widerspruch ein. Am 14.1.2009 hat die Kl. Untätigkeitsklage erhoben. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die Kl. hat ihr Klageziel, die Aufhebung des Kostenfestsetzungsbescheids, unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheids weiterverfolgt. Gegenstand des Verfahrens vor dem VG war insbesondere die Frage, ob die beim Stadtamt tätigen Verkehrsüberwacher bei auf Verkehrszeichen beruhenden Parkverstößen zuständig für die Anordnung von Abschleppmaßnahmen seien, nachdem das Amt für Straßen und Verkehr als Straßenverkehrsbehörde 1997 aus dem Stadtamt ausgegliedert worden sei, oder ob einer Anwendung des Verwaltungszwangs im gestreckten Verfahren nach § 11 Abs. 1 BremVwVG der in § 12 Abs. 1 Satz 1 BremVwVG niedergelegte Grundsatz der Selbstvollstreckung entgegenstehe. Die Bekl. hat sich vor diesem Hintergrund im erstinstanzlichen Verfahren darauf berufen, das Stadtamt sei durch das Amt für Straßen und Verkehr gem. § 12 Abs. 2 BremVwVG mit dem Vollzug beauftragt worden. Das VG hatte die Klage abgewiesen. Hiergegen richtete sich die vom Senat mit Beschluss vom 20.4.2012 zugelassene Berufung der Kl.

2.

Die Berufung gegen das Urteil des VG blieb erfolglos.

 

Gründe:

3.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 29.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Senators für Inneres und Sport vom 13.03.2009 ist rechtmäßig.

4.

I. Rechtsgrundlage für die mit Bescheid vom 29.02.2008 verfügte Heranziehung zu den Kosten des Abschleppvorgangs ist § 19 Abs. 3 BremVwVG. Die Vorschrift bestimmt, dass, wenn eine Handlung auf Kosten des Pflichtigen im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt wird, die Vollzugsbehörde die ihr daraus entstandenen notwendigen besonderen Aufwendungen (Kosten) gegenüber dem Pflichtigen festsetzt.

5.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor.

6.

1.§ 19 Abs. 3 BremVwVG setzt zunächst eine rechtmäßige Ersatzvornahme voraus. Die Zulässigkeit des Verwaltungszwangs ergibt sich vorliegend aus § 11 Abs. 2 BremVwVG.

7.

a) Es bestehen keine grundsätzlichen Bedenken, im Hinblick auf die Zulässigkeit des Abschleppvorgangs auf den so genannten Sofortvollzug nach § 11 Abs. 2 BremVwVG zurückzugreifen. Ohnehin entspricht dies der Situation bei Verkehrsverstößen, die auf einem unmittelbaren Verstoß gegen eine Vorschrift der StVO beruhen, wie dem hier zusätzlich vorliegenden verbotswidrigen Gehwegparken (§ 12 Abs. 4, 4a StVO). Der Senat hat eine Vollstreckung nach § 11 Abs. 2 BremVwVG zudem in der Vergangenheit für zulässig gehalten in den so genannten Halterfällen, in denen der für die Kosten der Ersatzvornahme in Anspruch genommene Fahrzeughalter vortrug, nicht er, sondern ein von ihm personenverschiedener Fahrer, dessen Identität nicht festzustellen war, habe das Kraftfahrzeug falsch geparkt (Urt. d. Senats vom 17.12.1985 – 1 BA 71/85, DAR 1986, 159 = VRS Bd. 70, 392; Beschl. d. Senats vom 28.03.1995 – 1 B 10/95, n.v.).

8.

Im vorliegenden Fall, der durch den Verstoß gegen das durch Verkehrszeichen angeordnete absolute Halteverbot gekennzeichnet ist, gilt nichts anderes. Zwar scheitert eine Vollstreckung im so genannten gestreckten Verfahren nicht bereits an dem Umstand, dass § 11 Abs. 1 Satz 1 BremVwVG einen "schriftlichen Verwaltungsakt" voraussetzt. Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist § 11 Abs. 1 Satz 2 BremVwVG auf Gebote, die in Verkehrsschildern enthalten sind, entsprechend anzuwenden (näher Beschl. d. Senats vom 20.11.1984 – 1 BA 65/84, DAR 1985, 127 = VRS Bd. 68, 316). Aufgrund der 1997 in der Stadtgemeinde Bremen erfolgten Neuregelung der sachlichen Zuständigkeiten steht einer Vollstreckung "aus dem Verkehrsschild" aber § 12 Abs. 1 Satz 1 BremVwVG (Grundsatz der Selbstvollstreckung) entgegen, weil seitdem grundsätzlich das Amt für Straßen und Verkehr als Straßenverkehrsbehörde für die Aufstellung von Verkehrsschildern zuständig ist (§ 45 StVO i. V. m. § 1 Nr. 3 der bremischen StVOZustBek).

9.

Daraus folgt allerdings nicht, dass sich das Stadtamt nicht auf den Sofortvollzug nach § 11 Abs. 2 BremVwVG stützen könnte. Die Zuständigkeiten von Straßenverkehrsbehörde und Polizeibehörden bestehen nebeneinander innerhalb ihrer jeweiligen, ihnen durch das Gesetz zugewiesenen Aufgaben. Dies entspricht bereits der Rechtsprechung des Senats im Hinblick auf Polizeivollzugsbeamte (Urt. d. Senats vom 17.12.1985 – 1 BA 71/85, DAR 1986, 159 = VRS Bd. 70, 392). Es gilt in gleicher Weise für die beim Stadtamt angesiedelten Verkehrsüberwacher, die als Angestellte im Polizeidienst für das Stadtamt als Ortspolizeibehörde (§ 79 Abs. 2 BremPolG) handeln. Das vom Verwaltungsvollstreckungsrecht vorausgesetzte Vor- und Nachrangverhältnis zwischen dem gestreckten Verfahren nach § 11 Abs. 1 BremVwVG einerseits und dem Sofortvollzug nach § 11 Abs. 2 BremVwVG andererseits ist nicht betroffen, weil dem Stadtamt die Möglichkeit, auf der Grundlage eines Verwaltungsakts (hier in der Form des Verkehrszeichens als Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 BremVwVfG) zu vollstrecken, nicht offenstand. Entscheidend ist allein, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 BremVwVG vorlagen. Dies war der Fall:

10

b) Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BremVwVG kann der Verwaltungszwang ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn dies zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr geboten erscheint und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

11.

Beide Tatbestandsalternativen sind erfüllt. Zweck der in § 11 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BremVwVG enthaltenen Ermächtigung ist die Verhinderung (der Fortdauer) einer objektiv mit einer Geldbuße bzw. einer strafrechtlichen Sanktion bedrohten Handlung (vgl. Urt. d. Senats vom 17.12.1985 – 1 BA 71/85, DAR 1986, 159 = VRS Bd. 70, 392). Auf den subjektiven Tatbestand oder den von einem Bußgeld- oder Straftatbestand vorausgesetzten Schuldvorwurf kommt es nicht an. Dies folgt aus dem gefahrenabwehrrechtlichen Zusammenhang, in dem die Regelung über den Sofortvollzug steht (vgl. zur Legaldefinition einer "Straftat" § 2 Nr. 4 BremPolG). Das Abstellen auf den objektiven Tatbestand eines Bußgeld- bzw. Straftatbestandes bedeutet nicht, dass Einwände des Betroffenen, die insbesondere die Missverständlichkeit der Vekehrszeichenregelung betreffen, unbeachtlich sind. Verwaltungsakte, die widersprüchlich oder unverständlich sind, können nach § 44 BremVwVfG nichtig sein (vgl. insoweit allgemein – zum Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes – nur Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 44 Rn. 114). Für ein Verkehrszeichen gilt nichts anderes. Sollte die Regelung unter diesen Voraussetzungen unwirksam sein, fehlt es bereits an dem objektiven Anknüpfungspunkt für die Verwirklichung eines Bußgeldtatbestandes.

12.

Im vorliegenden Fall ist das angeordnete absolute Halteverbot weder widersprüchlich noch unverständlich. Die insoweit von der Klägerin erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Insbesondere ergibt sich aus der Regelung mit hinreichender Klarheit, dass es jedenfalls an der Stelle, an der die Klägerin ihr Kraftfahrzeug geparkt hat, Geltung beansprucht. Ihr verbotswidriges Parken stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO), wobei im konkreten Fall durch das ebenfalls verbotswidrige Gehwegparken ein weiterer Bußgeldtatbestand (§ 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO) verwirklicht wurde.

13.

Erfüllt ist auch die zweite Tatbestandsalternative des § 11 Abs. 2 Satz 1 BremVwVG. Der Verstoß gegen die Vorschriften der StVO (§ 12 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a und Abs. 4, 4a StVO in der am 30.11.2005 maßgeblichen Fassung) stellt gleichzeitig eine Störung der öffentlichen Sicherheit mit fortwirkender Gefahr dar. Diese bereits eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit geht über das gesetzliche Erfordernis der drohenden Gefahr hinaus. Einer zusätzlichen konkreten Gefährdung oder Behinderung der übrigen Verkehrsteilnehmer durch das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug bedarf es auf dieser Ebene nicht (Beschl. d. Senats vom 28.03.1995 – 1 B 10/95, n.v.; vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sogleich).

14.

c) Der im Rahmen der Ersatzvornahme tätig gewordene Mitarbeiter des Stadtamts (Verkehrsüberwacher) handelte auch innerhalb seiner Befugnisse. Er wäre – bei Anwesenheit der Klägerin – befugt gewesen, gestützt auf § 10 Abs. 1 Satz 1 BremPolG ihr gegenüber das Wegfahren des Fahrzeugs zur Störungsbeseitigung zu verfügen. Insbesondere wäre er hierfür als Mitarbeiter des Stadtamts gemäß § 79 Abs. 2 BremPolG sachlich zuständig gewesen. Soweit die Klägerin meint, zuständig sei allein der Polizeivollzugsdienst, ist dies nicht zutreffend. Nach § 64 Abs. 1 Satz 2 BremPolG ist der Polizeivollzugsdienst bei der Gefahrenabwehr, soweit nichts anderes bestimmt ist, neben den Polizeibehörden nur für Maßnahmen zuständig, die nach pflichtgemäßem Ermessen unaufschiebbar notwendig erscheinen. Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, bedarf keiner Entscheidung, denn die Regelung lässt die (originäre) Zuständigkeit des Stadtamts als Ortspolizeibehörde erkennbar unberührt.

15.

2. Die Anordnung der Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit, das sowohl nach dem bremischen Verwaltungsvollstreckungsrecht (§ 13 Abs. 2 BremVwVG) und dem bremischen Polizeirecht (§ 3 BremPolG) als auch bundesverfassungsrechtlich zu beachten ist, stellt weitere Anforderungen an Anordnung und Durchführung der Ersatzvornahme. Diese Anforderungen sind hier erfüllt. Allerdings teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten rechtfertige allein das Parken in einem absoluten Halteverbot schon die Abschleppmaßnahme, nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat bereits in der Vergangenheit angeschlossen hat und der er weiter folgt, verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Nachteile, die mit einer Abschleppmaßnahme für den Betroffenen verbunden sind, nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg stehen dürfen, was sich aufgrund einer Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalles beurteilt (so die bisherige Rechtsprechung zusammenfassend BVerwG Beschl. v. 18.02.2002 - 3 B 149/01, NJW 2002, 2122). Danach ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass grundsätzlich allein der Verstoß gegen eine Verkehrszeichenregelung die Verhältnismäßigkeit der Abschleppmaßnahme begründet, wie dies etwa bei einem unberechtigten Parken auf Behindertenparkplätzen (BVerwG Beschl. v. 27.05.2002 - 3 B 67/02, VRS 103, 309; BVerwG Urt. v. 14.05.1992 - 3 C 3.90, BVerwGE 90, 189, BVerwG Beschl. v. 11.08.2003 - 3 B 74/03 – juris) oder an einem Taxenstand (BVerwG Urt. v. 09.04.2014 – 3 C 5.13, bislang nur als Pressemitteilung veröffentlicht) der Fall sein kann. Diese Fälle sind aber in erster Linie dadurch gekennzeichnet, dass die jederzeitige bestimmungsgemäße Nutzbarkeit der für die Sonderberechtigten vorgesehenen Parkflächen generell gesichert werden soll. Soweit dagegen mit dem Verkehrszeichen 283 ein absolutes Halteverbot angeordnet wurde, liegt dem eine konkrete Verkehrssituation vor Ort zugrunde, die auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeit eine Einzelfallprüfung notwendig macht, ob eine Abschleppmaßnahme gerechtfertigt ist.

16.

Im konkreten Fall bestehen keine Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Abschleppmaßnahme. Die konkreten örtlichen Verhältnisse, die zum einen gerichtsbekannt sind und zum anderen anhand von zur Behördenakte genommenen Fotos dokumentiert sind, zeichnen sich durch eine ungewöhnliche und teilweise auch unübersichtliche Verkehrssituation aus. Sie ist dadurch bestimmt, dass im letzten Teilstück einer Einbahnstraße der Gegenverkehr zugelassen ist, soweit er die Tiefgarage befahren will. Die Klägerin wendete ihr Kraftfahrzeug in diesem Teilstück und parkte ihren Wagen entgegen der Fahrtrichtung der Einbahnstraße, obwohl sie die Tiefgarage nicht befahren wollte. Ihr abgestelltes Fahrzeug beeinträchtigte in dieser besonderen Verkehrssituation die Sicherheit und Leichtigkeit sowohl des in entgegengesetzter Richtung verlaufenden Durchgangsverkehrs, als auch den Zu- und Abfahrtsverkehr zu der Tiefgaragenzufahrt, die sich – aus Sicht der Klägerin – unmittelbar vor dem Fahrzeug befand. Hinzukommt, dass die Klägerin teilweise auf dem Gehweg geparkt hat, der in seiner Funktion ebenfalls beeinträchtigt wurde. Für die Anordnung einer Abschleppmaßnahme würden diese Umstände bereits ausreichen. Vorliegend kommt allerdings hinzu, dass sich auf der anderen Fahrbahnseite nur ein eingeschränktes Halteverbot befindet, wodurch unter anderem eine Belieferung der in der Gegend vorhandenen Gastronomie sichergestellt wird. Das Abstellen des Kraftfahrzeugs der Klägerin im absoluten Halteverbot hat mindestens zu einer deutlichen Verengung der Fahrbahn geführt, die durch die Anordnung des absoluten Halteverbots gerade verhindert werden sollte.

17.

Auch die weiteren Einwände der Klägerin im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Abschleppmaßnahme greifen nicht durch. Dies gilt insbesondere soweit sie nach wie vor der Ansicht ist, sie hätte auf der Grundlage einer Halteranfrage zunächst telefonisch benachrichtigt werden müssen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass ungewisse Erfolgsaussichten und nicht abzusehende weitere Verzögerungen regelmäßig einer Verpflichtung zu Halteranfragen oder sonstigen Nachforschungsversuchen entgegenstehen (BVerwG Beschl. v. 27.05.2002 – 3 B 67/02, VRS 103, 309; Beschl. v. 06.07.1983 - 7 B 182.82, DVBl. 1983, 1066). Daran ist festzuhalten.

18.

3. Die Klägerin ist auch kostenpflichtig im Sinne der Ermächtigungsgrundlage für den Kostenbescheid. Nach § 19 Abs. 3 BremVwVG fallen die Kosten einer Ersatzvornahme dem "Pflichtigen" zur Last. "Pflichtiger" im Sinne dieser Vorschrift ist derjenige, der verpflichtet war, die im Wege der Ersatzvornahme ausgeführte vertretbare Handlung vorzunehmen (Urt. d. Senats v. 11.01.1977 – II BA 36/76, DAR 1977, S. 276). Die Klägerin war sowohl als Fahrerin als auch als Halterin ihres Fahrzeugs verpflichtet, das Fahrzeug wegzufahren und damit die Störung der öffentlichen Sicherheit zu beenden (vgl. zur Halterhaftung in diesem Zusammenhang Urt. d. Senats vom 17.12.1985 – 1 BA 71/85, DAR 1986, 159 = VRS Bd. 70, 392).

19.

4.Der Kostenansatz ist nicht zu beanstanden. Die Abschleppkosten i. H. v. 91,50 Euro sind von der Beklagten verauslagt worden. Dass sie in ihrer Höhe unangemessen wären (vgl. hierzu OVG Sachsen Beschl. v. 30.01.2013 - 3 A 711/12 – juris Rn. 8), ist nicht ersichtlich. Die Verwaltungsgebühr i. H. v. 55,00 Euro entspricht Ziffer 102.03 der Anlage zu § 1 der Allgemeinen Kostenverordnung in der – bei Anwendung des Verwaltungszwangs – maßgeblichen Fassung der ersten Verordnung zur Änderung der Allgemeinen Kostenverordnung vom 02.03.2004 (Brem.GBl. S. 163).

20.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

21.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.