Tod eines Bundeskanzlers

© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)

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Bundeskanzler Helmuth Buhl kommt bei dem Rückflug von einem Gipfeltreffen der Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Saarheim zu Tode, als sein Hubschrauber im nördlichen Saarland bei schlechtem Wetter abstürzt. Angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse und der Spannungen in der die Regierung bildenden Zwei-Parteien-Koalition der Christlich Liberalen Partei (CLP) und der Freiheitlichen Moralpartei (F.M.P.) ist zweifelhaft, ob der Bundestag innerhalb kurzer Zeit einen Bundeskanzler wählen wird, zumal in wenig mehr als sieben Wochen Bundestagswahlen stattfinden werden. Deshalb entschließt sich Bundespräsident Prächtle, zunächst einen geschäftsführenden Bundeskanzler zu ernennen. Da der Stellvertreter des verstorbenen Bundeskanzlers, Bundesminister Stinkel, der kleineren Koalitionsfraktion der F.M.P. angehört, ernennt der Bundespräsident nicht diesen zum Bundeskanzler einer geschäftsführenden Bundesregierung, sondern die dienstälteste Bundesministerin Gräfin Margit von Eisen, die Mitglied der größeren Koalitionsfraktion der CLP ist, weil Prächtle meint, diese verfüge über größeres politisches Durchsetzungsvermögen. Gräfin von Eisen bittet nunmehr den Bundespräsidenten, die einzelnen Bundesminister zur Weiterführung ihrer Geschäfte zu verpflichten; das von ihm bisher geführte Ministerium wird er selbst weiter leiten. Daraufhin ersucht Bundespräsident Prächtle die jeweiligen Bundesministerinnen und Bundesminister, ihre Geschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers weiterzuführen.

Die auf diese Weise gebildete Bundesregierung beschließt auf ihrer ersten Kabinettssitzung - entsprechend dem noch von Buhl für diesen Termin unterbreiteten Vorschlag -, zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes umgehend eine als besonders eilbedürftig bezeichnete Gesetzesvorlage in das Parlament einzubringen, die die einschneidende Änderung von Vorschriften der Abgabenordnung, des Außenwirtschaftsgesetzes, des Betriebsverfassungsgesetzes und Kündigungsschutzgesetzes zum Inhalt hat.

Die in der Opposition befindliche Bundestagsfraktion der Partei DIE BUNTEN, die diese Gesetzesänderungen ablehnt, meint, Bundeskanzlerin Gräfin von Eisen und die anderen Bundesministerinnen und Bundesminister seien nicht rechtmäßig und wirksam mit ihrer jeweiligen Funktion betraut worden, weil das Grundgesetz für den Fall des Todes des Bundeskanzlers nur eine Wahl durch den Bundestag zulasse, nicht aber die Ernennung eines geschäftsführenden Bundeskanzlers, wie sich aus Art. 69 GG ergebe. Im Übrigen hätte der Bundespräsident niemals Gräfin von Eisen, sondern allenfalls Stinkel zum geschäftsführenden Bundeskanzler ernennen dürfen. Daher sei jede Maßnahme der von Gräfin von Eisen geleiteten Bundesregierung verfassungswidrig und deshalb nichtig; darüber hinaus dürfe eine geschäftsführende Bundesregierung ohnehin keine politischen Leitentscheidungen - wie die vorliegende zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes - treffen, sondern sei allein darauf beschränkt, die zur Führung der laufenden Geschäfte unumgänglichen Maßnahmen bis zur Ernennung einer regulären Bundesregierung zu treffen.

Frage 1: Trifft es zu, dass Bundeskanzlerin Gräfin von Eisen nicht rechtmäßig mit ihren Funktionen betraut worden ist?

Frage 2: Wenn sie Frage 1 bejahen, trifft es dann zu, dass alle Maßnahmen der von Gräfin von Eisen geleiteten Bundesregierung deshalb nichtig sind?

Frage 3: Durfte die geschäftsführende Bundesregierung das Gesetz zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts einbringen?

Lösungsvorschlag

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