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© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)

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Nachdem Heinz Hirsch die Hoffnung auf eine überaus lukrative Einnahmequelle durch die Ablehnung der einer gewerberechtlichen Erlaubnis für den Betrieb einer Peepshow genommen wurde, kam er auf die Idee, wenigstens einen kleinen Nebenverdienst mit dem Betrieb von Kinderreitautomaten zu erlangen. Er erwarb Anfang Januar dieses Jahres zwei der allseits bekannten Geräte mit einer aufgesetzten Pferdchenplastik, auf der Kinder Platz nehmen können und die nach dem Einwurf eines Geldstückes in schaukelnde Bewegungen versetzt wird, und stellte sie in der Saarheimer Innenstadt - mit Genehmigung der jeweiligen Inhaber - in dem allgemein zugänglichen Eingangsbereich zweier Saarheimer Einzelhandelsgeschäfte auf. Die Aktion hatte großen Erfolg und wurde begeistert von der Bevölkerung angenommen: Die Kinder standen Schlange, um in den Genuss des mit den Klängen von "I'm a poor lonesome Cowboy" untermalten langen Rittes unter der brennenden Sonne Saarheims zu kommen; die Eltern waren froh, für diese Zeit etwas Ruhe zu haben und sich wesentlichen Dingen, etwa einem kleinen Schwätzchen, widmen zu können. Im Übrigen war die Benutzung der kleinen Reitautomaten auch nicht teuer; denn schon für nur 1,00 Euro konnten die Kinder einige Zeit auf den Rücken der braven Rösser "galoppieren".

Aufgrund des großen Anklangs expandierte Heinz Hirsch, erwarb im März drei weitere Kinderreitautomaten und stellte sie in ähnlicher Weise auf. Zugleich erkannte auch der Saarheimer Oberbürgermeister Oskar Obenauf die Möglichkeit, die Finanzlage der Stadt aufzubessern, doch fehlten der Stadt die Mittel, um selbst derartige Reitautomaten zu beschaffen. Aber Obenauf meinte, dass der Betrieb von Kinderreitautomaten zumindest der Vergnügungssteuer unterliegen müsse, weil sich doch jeder im Ort an den Geräten erfreue und sein Vergnügen habe. Deshalb wies er den in der Stadtkämmerei für die Festsetzung der Vergnügungssteuer zuständigen Sachbearbeiter, den Stadthauptsekretär Gerd Mütlich, an, die Angelegenheit näher zu prüfen.

Daraufhin erhielt Hirsch am 7. Juli ein mit der Überschrift "Abgabenbescheid" versehenes Schreiben mit Datum vom Vortag, in dem Mütlich ihm mitteilte, dass er als Betreiber von Kinderreitautomaten nach Maßgabe der Satzung zur Erhebung von Vergnügungssteuern der Stadt Saarheim (Vergnügungssteuersatzung - VgnSt-Satzung) zu zahlen habe, wobei die für die Reitautomaten für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni zu zahlende Vergnügungssteuer auf  insgesamt 240,- Euro festgesetzt wurde.

Bitte klicken Sie hier, um die beiliegende Kopie des Bescheides vom 6. Juli einzusehen!

Heinz Hirsch legte noch am selben Tag schriftlich Widerspruch gegen den Bescheid Mütlichs bei der Stadt Saarheim ein.

Bitte klicken Sie hier, um die beiliegende Kopie des Widerspruchs einzusehen!

Mütlich hielt indes den Widerspruch "für eine Unverschämtheit" und wies ihn in einem am 21. Juli ordnungsgemäß zugestellten Schreiben als offensichtlich unbegründet zurück.

Bitte klicken Sie hier, um sich die beiliegende Kopie des Widerspruchsbescheids Mütlichs anzusehen.

Heinz Hirsch ist nunmehr an weiteren Entscheidungen der Verwaltung in dieser Angelegenheit nicht mehr interessiert und hat daher am 28. Juli gegen den Oberbürgermeister der Stadt Saarheim Klage auf Aufhebung des Bescheides vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes erhoben, weil die Erhebung der Vergnügungssteuer eindeutig rechtswidrig sei.

Bitte beurteilen Sie in einem Gutachten die Erfolgsaussichten dieser Klage.

Bearbeitervermerk: Am 31. Dezember 2020 ist das Vergnügungsteuergesetz des Saarlandes (zuletzt geändert am 21. Januar 2015 [Amtsbl. I, 210]) kraft Zeitablaufs außer Kraft getreten. Hiermit sollte den Saarländischen Gemeinden jedoch nicht die Möglichkeit genommen werden, Vergnügungssteuern als Kommunalabgaben nach Maßgabe des § 1, § 2 und § 3  Kommunalabgabengesetzes (KAG) zu erheben. Um sich keine Steuereinnahmen entgehen zu lassen hat die Stadt Saarheim daher schon am 17. Dezember 2020 folgende Satzung über die Erhebung von Vergnügungssteuerm (Vergnügungssteuersatzung - VgnSt-Satzung) erlassen, die am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist und sich eng an den Wortlaut des früheren Vergnügungssteuergesetzes anlehnt:

§ 1 Erhebung der Steuer

Die Stadt Saarheim erhebt eine Vergnügungssteuer als örtliche Aufwandsteuer nach den Vorschriften dieser Satzung.

§ 2 Steuergegenstand

(1) Der Vergnügungsteuer unterliegen die folgenden im Gebiet der Stadt Saarheim veranstalteten Vergnügungen:

1. Tanzveranstaltungen gewerblicher Art;

2. Schönheitstänze und Darbietungen ähnlicher Art;

3. sportliche Veranstaltungen, die berufs- oder gewerbsmäßig betrieben werden;

4. gewerbliche Filmvorführungen;

5. das Ausspielen von Geld- oder Sachwerten in Spielclubs, Spielkasinos und ähnlichen Einrichtungen;

6. das Halten von Musik-, Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten

a) in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen,

b) in Gast- oder Schankwirtschaften, Vereins-, Kantinen- oder ähnlichen Räumen sowie an sonstigen der Öffentlichkeit zugänglichen Orten.

(2) Die in Absatz 1 genannten Vergnügungen unterliegen auch dann der Besteuerung, wenn sie mit nicht steuerpflichtigen Veranstaltungen verbunden werden oder wenn sie gleichzeitig anderen nicht als Vergnügungen anzusehenden Zwecken dienen.

§ 3 Befreiungen

Der Steuer unterliegen nicht:

1. Veranstaltungen, deren Ertrag ausschließlich und unmittelbar zu mildtätigen, kirchlichen oder gemeinnützigen Zwecken verwendet wird, wenn der Verwendungszweck bei der Anmeldung nach § 16 angegeben worden ist;

2. Tanzunterricht eines "Mittel-" und eines "Abschlussballes", sofern an den Veranstaltungen nur Schüler und deren Angehörige teilnehmen;

3. Veranstaltungen, an denen Berufssportler neben Amateursportlern mitwirken, wenn sie von der Gemeinde als förderungswürdig anerkannt sind, sowie Fußballspiele, an denen Lizenzspieler teilnehmen;

4. Zirkusveranstaltungen;

5. Filmvorführungen, bei denen Filme gezeigt werden, die von der durch die Landesregierung bestimmten Stelle als "wertvoll" oder als "besonders wertvoll" anerkannt worden sind;

6. das Halten von Apparaten nach § 2 Abs. 1 Nr. 6, sofern für ihre Darbietungen kein Entgelt erhoben wird;

7. Volksbelustigungen der auf Jahrmärkten, Kirmessen, Kirchweihfesten und ähnlichen Veranstaltungen üblichen Art;

8. Einrichtungen, die der Spielbankabgabe unterliegen.

§ 4 Steuerschuldner und Haftung

(1) Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltung (Veranstalter). In den Fällen des § 2 Nr. 6 gilt der Halter als Veranstalter.

(2) [...].

Ferner bestimmt § 12 VgnSt-Satzung, dass für Apparate ohne Gewinnmöglichkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 6 VgnSt-Satzung als  sog. Pauschsteuer für jeden angefangenen Kalendermonat pro Apparat 10,- Euro zu entrichten sind. Nach § 17 Abs. 2 VgnSt-Satzung entsteht die Steuerschuld bei Apparaten nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 VgnSt-Satzung mit der Inbetriebnahme des Apparats; fällig wird die Steuer nach § 17 Abs. 4 VgnSt-Satzung für jedes Kaldendervierteljahr am vierzehnten Tag des folgenden Kalendermonats, so dass die Steuer regelmäßig am 14. April für das 1. Quartal, am 14. Juli für das 2. Quartal etc. zu entrichten ist. Von der Vereinbarkeit der Saarheimer Vergnügungssteuersatzung mit höherrangigem Recht und insbesondere dem Kommunalabgabengesetz ist auszugehen.

Lösungsvorschlag

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Teilnehmer der Rathausführung: Nach Bearbeitung hier lang!