Ausgehöhlt!

© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)

mit freundlicher Unterstützung der jurmatix Legal Intelligence UG (haftungsbeschränkt), Gersheim

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Von dem in Saarheim gelegenen Waldsee erstreckt sich in nordwestlicher Richtung auf städtischem Gebiet ein weit verzweigtes, kaum erforschtes Höhlennetz, von dem nur ein oberirdischer Eingang – in der Nähe des Waldfriedhofs – bekannt ist. In den Höhlen sind schon früher hin und wieder Menschen verunglückt, doch hat in den letzten Jahren die Zahl der Unglücksfälle erheblich zugenommen, seitdem zahlreiche Amateur-Höhlenforscher die Erkundung der Saarheimer Höhlen als interessante Herausforderung entdeckt haben. Die Unfälle in den Höhlen führten häufig zu schweren Verletzungen und mehrfach auch zum Tode von Personen, die in tiefe Felsspalten gestürzt waren und sich nicht selbst hatten befreien können, zumal wenn nach ausgedehnten Niederschlägen diese Spalten teilweise mit Regenwasser gefüllt waren; im vergangenen Jahr hatten insgesamt neun Personen auf diese Weise den Tod gefunden, darunter vier, die bei dem Versuch, Verunglückte zu bergen, selbst abgestürzt und umgekommen waren.

In einer daraufhin anberaumten Debatte im Stadtrat von Saarheim betonten im Frühjahr Redner aller Fraktionen die Notwendigkeit, weitere Unglücksfälle umgehend zu verhindern. Der Saarheimer Oberbürgermeister Oskar Obenauf bezweifelte indes, ob ein Einschreiten geboten sei: Die Zugänglichkeit der Höhlen fördere den Saarheimer Fremdenverkehr nicht unerheblich, und bisher seien auch keine Unbeteiligten zu Schaden gekommen. Nach längerer Diskussion ließ Obenauf sich aber davon überzeugen, dass – wie das Stadtratsmitglied Karla Körnli formuliert hatte – "jetzt Handlungsbedarf besteht; denn unser Saarheim darf nicht zur Mordhöhlen-Stadt werden". Am folgenden Tag erließ Obenauf deshalb eine Verfügung, mit der das Betreten der Höhlen wegen Lebens- und Gesundheitsgefahren generell untersagt wird; Ausnahmen können erfahrenen Höhlenforschern im Einzelfall erteilt werden. Die Verfügung wurde zwei Tage später in "SaarheimInForm" veröffentlicht, dem "Amtlichen Bekanntmachungsblatt für die Stadt Saarheim", das vom Oberbürgermeister für öffentliche Bekanntmachungen, insbesondere von Satzungen, amtlichen Mitteilungen usw. herausgegeben und kostenlos an alle Haushalte in der Stadt verteilt wird. Die Veröffentlichung erfolgte zusammen mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung sowie mit dem Hinweis, dass die Verfügung im Rathaus der Stadt Saarheim eingesehen werden könne und dass sie an dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben gelte; zugleich wurde der Höhleneingang durch ein Drahttor versperrt und davor ein Schild aufgestellt, auf dem der veröffentlichte Verfügungstext wiedergegeben ist.

Tammo "B." Fett, Radiomoderator beim Saarheimer Quierfunk Radio, ist über diese Maßnahme empört. Er, der immer bei allen Extremsportarten, die gerade "in" sind, mit dabei ist, hat schon mehrfach auf der Schwäbischen Alb Höhlenerkundung betrieben und sich nunmehr vorgenommen, die Saarheimer Höhlen näher zu erforschen. Er legt deshalb, als er zwei Monate später erstmals davon erfährt, sofort gegen die Entscheidung des Oberbürgermeisters Widerspruch ein, der jedoch vom – zuständigen – Kreisrechtsausschuss des Saarpfalz-Kreises als unbegründet zurückgewiesen wird.

Zwei Wochen nach diesem Beschluss erhebt Fett schriftlich Klage vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes gegen das Verbot, die Höhlen zu betreten, und führt zur Begründung aus, eine derartige generelle Untersagung dürfe nur durch eine Verordnung, nicht aber durch eine Einzelfallregelung getroffen werden. Im Übrigen schließe das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht auch die Befugnis jedes Einzelnen ein, darüber zu entscheiden, welchen Gefahren er sich aussetzen wolle, zumal da auch Amateur-Höhlenforscher die Höhlen niemals allein, sondern stets nur in Begleitung aufsuchten (was nicht zuletzt durch die Tatsache belegt werde, dass die vier im vergangenen Jahr bei Rettungsversuchen um ihr Leben gekommenen Personen jeweils verunglückt seien, als sie zuvor abgestürzten Mitgliedern ihrer Gruppen hatten helfen wollen).

Bitte beurteilen Sie die Erfolgsaussichten der Klage.

Lösungsvorschlag

Zu einer nach Berliner Landesrecht zu lösenden Fallvariante bei den Hauptstadtfällen

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polizeimuetze.gif (660 Byte)Teilnehmer des Polizeirechtsrundgangs: Nach Bearbeitung hier lang!