Schwein gehabt

© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes) und Ulrich Stelkens (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer)

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Dem Landwirt Karl Knupper gehört u. a. neben einem großen Teil des Obstbaumgeländes in dem Saarheimer Ortsteil Quierbrück eine ebenfalls in Quierbrück gelegene Schweinemästerei. Das Grundstück befindet sich noch innerhalb der geschlossenen Ortschaft und liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der jedoch keine Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung enthält; das Gebäude ist umgeben von mehreren Bauernhäusern, Ställen und Scheunen, einer Baumschule und einer nebenerwerblich betriebenen Blumen- und Gemüsegärtnerei, einer Bäckerei und einer Fleischerei, einer Änderungsschneiderei sowie einer Tankstelle und einer Gaststätte. Knupper möchte die Kapazität seines Betriebes, um ihn trotz des in den letzten Jahren in Deutschland zu beobachtenden verminderten Schweinefleischverzehrs mit höherem Gewinn betreiben zu können, um 100 % – von 40 Mastschweinplätzen auf 80 – vergrößern, zumal da er das zusätzlich erforderliche Schweinefutter schon jetzt auf den zum Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugen kann.

Sein bei der Außenstelle Saarheim der Unteren Bauaufsichtsbehörde des Saarpfalz-Kreises gestellter Bauantrag wird der Stadt Saarheim zur Entscheidung über das Einvernehmen zur Kenntnis gegeben und von Oberbürgermeister Oskar Obenauf dem für den Beschluss nach § 34 KSVG zuständigen Stadtrat vorgelegt. Nach langer Diskussion wird die Erteilung des Einvernehmens im Stadtrat schließlich mit knapper Mehrheit abgelehnt, zum einen auf Grund genereller Vorbehalte gegen die Mastschweinzucht in Ställen, zum anderen weil die landwirtschaftliche Grundstücksnutzung in diesem Teil Quierbrücks nicht noch verfestigt werden solle. Als Knupper davon hört, erhält er auf Anfrage von Ludolf Landheimer, dem Landrat des Saarpfalz-Kreises, die mündliche Auskunft, das im vereinfachten Verfahren nach § 64 Abs. 1 i. V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO genehmigungsbedürftige Vorhaben sei zwar mit allen in diesem Verfahren zu prüfenden Umweltschutzbestimmungen vereinbar. Selbst wenn es auch bauplanungsrechtlich zulässig sein sollte, könnte seinem Antrag aber angesichts des fehlenden gemeindlichen Einvernehmens in keinem Falle stattgeben werden.

Knupper will sich damit jedoch nicht abfinden und sucht Rechtsanwalt Rudi Rathgeber auf, der ihm zu der begehrten Baugenehmigung verhelfen soll. Rathgeber meint, wenn eine Ablehnung des Antrags erfolge, könne man zunächst Widerspruch einlegen und eine Klage auf Erteilung der Baugenehmigung wäre gewiss aussichtsreich, aber bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung könnten noch mehrere Jahre vergehen; im Übrigen besitze nach wie vor die alte Juristenweisheit Geltung: "Vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand." Er kenne indes noch aus der gemeinsamen Studienzeit jemanden in dem nach § 128 Abs. 1 KSVG für die Kommunalaufsicht zuständigen Landesverwaltungsamt und er halte es für zweckmäßiger, seinem Bekannten die Sache vorzutragen. Knupper stimmt diesem Ratschlag zu, und tatsächlich weist das Landesverwaltungsamt auf eine Eingabe Rathgebers hin im Wege der Kommunalaufsicht vier Monate später die Untere Bauaufsichtsbehörde des Saarpfalz-Kreises an, das gemeindliche Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB i.V.m. § 72 LBO zu ersetzen; daraufhin wird schließlich nach zwei weiteren Monaten die Baugenehmigung - insbesondere auch unter Beachtung des in § 72 Abs. 3 LBO vorgesehenen Förmlichkeiten - antragsgemäß erteilt.

Knupper beginnt nunmehr sofort mit der Erweiterung seiner Schweinemästerei, doch sind die Baukosten im vergangenen Halbjahr beträchtlich gestiegen. Erneut wendet er sich deshalb an Rechtsanwalt Rathgeber, weil er der Auffassung ist, die Stadt Saarheim hätte das Einvernehmen überhaupt nicht verweigern dürfen und müsse deshalb für die ihm entstandenen Schäden durch die Baumehrkosten Ersatz leisten. Rathgeber hält es für möglich, dass ein Amtshaftungsanspruch gegen die Stadt Saarheim Erfolg haben könnte, und fordert deshalb in einem Schreiben an Oberbürgermeister Obenauf Schadensersatz. Obenauf lehnt dies jedoch mit der Begründung ab, er persönlich hätte nach dem entsprechenden Beschluss des Stadtrats gar nicht anders handeln dürfen, als das Einvernehmen zu verweigern; die Mitglieder des Stadtrats selbst seien jedoch zum einen keine Beamten und zum anderen keine Baurechtsexperten, sondern dürften – wie in diesem Falle geschehen – grundsätzlich nach eigenen kommunalpolitischen Vorstellungen ihr laienhaftes Ermessen bei der Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens ausüben. Außerdem wundere er sich doch sehr, dass es erst einer kommunalaufsichtlichen Anweisung bedurfte, bevor Landheimer das fehlende gemeindliche Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB i.V.m. § 72 LBO ersetzt und entsprechend über den Bauantrag entschieden hat.

Rathgeber bezweifelt, dass die Ansicht Obenaufs zutrifft, und bittet Sie deshalb um eine gutachtliche Prüfung, ob Knupper von der Stadt Saarheim dem Grunde nach Ersatz des ihm durch die nunmehr erhöhten Baukosten entstandenen Schadens wegen Amtspflichtverletzung auf Grund des Verhaltens des Oberbürgermeisters und/oder der Stadtratsmitglieder verlangen kann. Sollte dies nicht möglich sein, sollen Sie überlegen, ob ein anderer Verwaltungsträger als die Stadt Saarheim dem Grunde nach verpflichtet sei, Knuppers Schaden wegen Amtspflichtverletzung zu ersetzen.

Lösungsvorschlag

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